Montag, 7. November 2011

Moderne Effi Briest rebelliert

Tilda Swinton verkörpert meisterhaft in dem größenwahnsinnigen Film „I am love“ eine gelangweilte Ehefrau eines Kleinindustriellen. Ihr prächtig ausgestattetes Leben scheint ein goldener Käfig zu sein, in dem sie langsam, aber sicher erstickt.
Die erste Hälfte des Filmes nimmt sich großzügig Zeit das Leben der reichen Modedynastie zu inszenieren. Dieser Länge verdanken wir das Einfangen der künstlichen Atmosphäre, die bei dieser Familie der italienischen Buddenbrooks herrscht. Emma erinnert an ihre Namensvetterin Madame Bovary, die ebenfalls dem sterilen Leben preisgegeben war. Die zweite Hälfte des Filmes überstürzt und taucht den Zuschauer in die Liebesaffäre mit einem sinnlichen Koch, die in Weichgezeichneten Bilder unter Beigabe von Bestäubungsphotos dargestellt wird. Unser Alter Ego von Lady Chatterly verliebt sich in die Einfachheit und Ungekünsteltheit des kulinarischen Künstlers und fängt an heimlich zu leben.  Ihre Fassade bröckelt langsam und sie entdeckt ihr russisches Temperament wieder. Die Wärme  der sonnigen Natur erwärmt ihr vergletschertes Ich, das ihre Vegetation in einem Palast des Reichtums nun nicht ertragen kann. Sie bricht aus den Konventionen heraus, missachtet die Traditionen und verlässt das Patriarchat. Ihre Transformation zu einer dynamischen ihr Leben selbst in die Hand nehmenden Frau ist einer der wenigen bemerkenswerten Momente des Filmes, der eigentlich  von der Performance Swintons nicht leben kann. Das banale Motiv bleibt banal und nicht mal interessante Perspektiven und der gute Einsatz von Licht und Schatten vermögen es besonders zu machen. Es empfiehlt sich, eher die literarischen Vorlagen für dieses Melange aus verschieden Bezügen, in die Hand zu nehmen und sich anstatt den Bildern dem verbalen Vergnügen hinzugeben.  Überflüssiges Arthousekino, das nach wenigen Minuten gähnen lässt. Etwas für sehr speziellen Geschmack.

I am love/ Regie: Luca Guadagnino/ 2010
Trailer von I am love 

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